Die Zunft zum Stauffacher

Willkommen bei den Zünftern zum Stauffacher

Die Zünfter zum Stauffacher geniessen in gemütlicher Runde Speis, Trank und Tabak. Das Zürcher Sechseläuten brauchen sie dazu nicht . Hingegen kann unsere Zunft weit mehr als einen Zug zum Böög bieten! Da wären beispielsweise die monatlichen Mittags-Meetings mit spannenden Gästen und natürlich die Zunftreisen und -ausflüge. Generell erleben wir Genuss pur in angenehmer Runde – um auf andere Gedanken zu kommen – mit interessanten Zunft-Kollegen, angeregten Gesprächen, fantastischem Essen und Trinken und der Toleranz, auch rauchigen Genüssen zu frönen. Kurzum; ein Netzwerk mit interessanten Persönlichkeiten und vieles mehr.

Falls Ihr Interesse an der Zunft zum Stauffacher gewachsen ist, sind Sie herzlich eingeladen, bei uns persönlich vorbei zu schauen. Treten Sie mit der Zunft in Kontakt, wir werden Sie gerne bei Gelegenheit an einem unserer Anlässe teilhaben lassen.

Zunftreise der Zünfter zum Stauffacher ins Bordeaux im 2019 mit Jacky

Abschied von einem Freund und gern gesehenen Gast

Ein Freund hat uns verlassen. Jacky ist am 29. März 2017 ein erstes Mal – als Referent – unter den Zünftern zum Stauffacher. Danach beehrte er uns immer wieder als Gast, als Reisebegleiter auf unseren Zunftreisen und natürlich immer als Freund mit seiner Anwesenheit. Wir werden ihn, seine Art und seine Fähigkeiten in bester Erinnerung behalten!

Nachruf von Daniele Muscionico, NZZ vom 22.04.2022

Der letzte Koch, der wirklich satt machte

Jacky Donatz ist im Alter von 71 Jahren verstorben. Mit dem Tod des Spitzenkochs endet eine Ära

Er liebte Menschen und wollte, dass es ihnen gutgeht. Und wann geht es uns immer gut? Dann, wenn wir essen. Das, was Jacky Donatz gekocht hat, der offizielle Koch des Weltfussballverbandes Fifa: gross die Portion, grosszügig im Umgang mit unseren Gelüsten und mit vielem, was bei Trendköchen heute auf dem Index steht. Butter zum Beispiel, Fleisch.

Donatz’ heilige Dreifaltigkeit, die ihn über die Grenzen des Landes berühmt machte, war ohne schäumende Butter und grosse Fleischportionen nicht zu haben: Siedfleischsuppe, Mezzelune an Basilikumsauce und als Hauptgang gebratenes Kalbskotelett «Jacky». Das gebräunte Stück Fleisch, an Erdnussöl kurz in der Pfanne zum Schwitzen gebracht, wurde noch auf dem Teller mit brauner Butter übergossen.

Hunger musste man bei ihm mitbringen, grossen naturgemäss. Hungrig wie er nach Menschen musste man zudem sein, sein Lachen war das Amuse-Bouche, sein Händedruck dazu die erste Vorspeise. In weisser Montur, eine Erscheinung, stand er strahlend vor der Aussicht über die Stadt, begrüsste jeden und war selbst die schönste Aussicht, auf das, was unter seiner Obhut noch kommen sollte.

Keine inszenierte Luft

Er hatte 15 Gault-Millau-Punkte gesammelt, war leidenschaftlicher Engadiner, sein Restaurant bezeichnete er als «meine Heimat», dort ging er in seiner Hausherrenrolle auf. Jacky Donatz war kein Koch, und er war kein Gastronom. Er war der Gastgeber, der auch kochte. Denn er wusste, wie man Menschen glücklich macht.

Aufsehenerregend unaufgeregt war er und das Gegengift gastronomischer Moden und von Essen, das der Zeitgeist «Food» schimpft. Er kochte traditionelle französische Küche mit mediterranem Einschlag, beeinflusst von seinen Jahren als Küchenchef im «Castello del Sole» in Ascona. Bei ihm gab es Bodenständiges, und wer es genoss, stand danach gewiss anders auf dem Boden. O ja, man legte bei ihm Gewicht zu. Denn alles, was echt ist, wiegt entsprechend und bringt Kilos auf die Waage. Und echt war an und bei ihm alles.

Das Fleisch stammte vom Tier und nicht aus dem Labor. Gekocht wurde mit Kellen und Pfannen und nicht mit Spritzpistolen, Pipetten und Petrischalen. Keine gefrorene Parmesan-Luft verliess bei ihm die Küche, kein Schaumberg an Bratensauce und keine Matcha-Kiwi-Pawlowa, die nichts anderes als inszeniertes Eiweiss ist. Oberfläche war einem Engadiner wie Donatz stets zu oberflächlich.

Bei ihm sah man den Dingen, wenn sie aus der Küche kamen, noch an, was sie einmal gewesen waren: Das Kotelett hatte als Kalb gelebt oder als Rind oder Schwein. Und jeder, der es ass, ass die Gewissheit mit, dass es Donatz wichtig war, dass es nicht nur den Menschen gutgehen sollte, sondern auch den Tieren, die für sie ihr Leben gelassen hatten.

Jacky Donatz’ Zeit war eine andere Zeit, und seine Werte waren alte Werte. Er schien beispielsweise der Letzte einer Spezies zu sein, die noch wusste, dass Hunger im Grunde nichts Anrüchiges sein muss. Und es stimmt nicht, dass er keine Rücksicht nahm auf Menschen mit kleinem Hunger. Sein Kalbskotelett «Jacky» bot er in drei verschiedenen Grössen an, abgestimmt auf die Wünsche des Gasts. Der kleine Hunger war unter seinem Regiment durchaus erlaubt, und man verwöhnte ihn genauso liebevoll wie den grossen. Tabu war lediglich, sich den Hunger nicht einzugestehen.

Jacky Donatz war auch der Gastgeber, der daran erinnerte, dass Essen einmal eine Voraussetzung war, um am Leben zu bleiben. Wer das vergessen hatte oder wer es nicht verstand, missverstand auch die Küche und die Persönlichkeit von Donatz. Mancher mag jedoch in seiner Gegenwart und in seinem Lokal verstanden haben: Es ist nicht eigentlich das Essen, das satt macht. Genauso nährt die Gesellschaft anderer. Und über allem schwebt das Auge des Wirts, der seine Gäste im Hintergrund diskret betreut.

Manchmal freilich hat er gespottet über das, was seine jüngeren Kolleginnen und Kollegen inszenieren. Moderne Gastronomen nannte er «Pinzet­tenköche». Veganer taxierte er gleichmütig: «Ich habe nichts gegen sie, aber sie essen den Tieren die Nahrung weg.» Als Tierfreund spendete er für heimatlose und ausgesetzte Kreaturen – allerdings lange bevor der Veganismus auch auf dem «Sonnenberg» aufschlug.

Genial ist immer nur der Gast

Mit dem Tod von Jacky Donatz endet eine Ära. Und es ist keine beliebige, es ist eine, die eine Zeitenwende markiert: Er selbst nämlich war das Vorbild für Genussfähigkeit. Sein Körper durfte stattlich sein, er war das Monument zahlloser genossener Speisen und von Unmengen geleerter Gläser.

Wo sind seine Nachfolger, die Nachfolgerinnen? Junge Küchenchefs, die Karriere machen, fettfreie Burschen, kultivieren die Physis eines Hochleistungssportlers; jungen Küchenchefinnen, die Koch-Blogs füttern, traut man zu, dass ihr erster Karrierewunsch der Laufsteg war. Es ändert die Zeit, und es ändern sich die Gastgeber mit ihr.

Doch wahr ist auch: Gastronomen heute wollen Künstler sein, nicht aber die Kunst der Bescheidenheit ausüben. Sie bestünde darin, dem Gast nicht die eigene Genialität zu servieren, sondern ihm das Gefühl zu geben, dass er selbst genial sei. Und deshalb ist es ganz einfach: Wenn mir ein Gastgeber beim Betreten seines Lokals das Kochen als Religion verkauft und sich selbst als Zenmeister seiner Überzeugung, drehe ich auf dem Absatz um. Dann esse ich in Gedanken bei Jacky Donatz.

Unsere nächsten Mittags­anlässe