Zum Inhalt springen

November 2024 - Thema Weingut

Registrierungen geschlossen
Zum Kalender hinzufügen:

27.11.2024, Gianmarco Ofner

Inhaber Weingut Pircher in Eglisau

Ist Eglisau das schönste Weinstädtchen am «Väterchen Rhein»? Der November-Gast bei den Zünftern zum Stauffacher, Gianmarco Ofner, würde dies bestimmt unterschreiben. Das Fachmagazin «Vinum» meinte einst dazu: «Gut möglich!» Denn dort bilde das bis zum Fluss reichende Städtchen und der wohlproportionierte Rebberg dahinter ein idyllisches Ganzes. Der Eglisauer Stadtberg sei eine Steillage, geprägt von kalkhaltigem Sandstein mit hohem Quarzanteil, in den unteren und mittleren Lagen auch Lehm und in den höheren Bereichen Nagelfluh, also poröse, eher leichte Böden, in denen Regenwasser rasch abzieht und die sich schnell erwärmen. Beeinflusst vom fast seenartigen Rhein als Wärmespeicher und Reflektionsfläche würden hier milde, teilweise fast mediterrane, Verhältnisse herrschen.

Dieser Berg besteht aus einem vorderen Teil und dem östlich anschliessenden, rund neun Hektar umfassenden Hinteren Stadtberg. Mit einem Anteil von über 50 Prozent ist die Hauptsorte in Eglisau eindeutig Pinot Noir. Urs Pircher hat über fast 40 Jahrgänge hinweg auf besagtem Hinteren Stadtberg einen top Pinot Noir hervorgebracht. Und noch keine 30 Lenze auf dem Buckel, hat Gianmarco Ofner Ende 2021 eben diesen Betrieb von seinem Götti übernehmen können und arbeitet seither eng mit Urs zusammen.

Lange Zeit liess sich der Wein von Pircher stilistisch zwischen den subtil-kernigen Gewächsen, wie sie etwa am Ottenberg im thurgauischen Weinfelden reifen, und den etwas vollmundigeren Crus in der Bündner Herrschaft einstufen. Gianmarco ist jedoch Verfechter eines etwas geradlinigeren, filigraneren Stils und muss einige Kniffs anwenden, um die gewünschte Stilistik aus den Eglisauer Trauben in die Flasche zu bringen.

In neuerer Zeit war bei den roten Sorten das Jahr 1968 – gemessen am Zuckergehalt – der schlechteste Jahrgang und das Hitzejahr 2018 absolute Spitze. Glücklicherweise dürften die wilden 68-er mittlerweile ausgetrunken sein…

Die erste urkundliche Erwähnung des Weinbaus im Hinteren Stadtberg stammt jedoch bereits aus dem Jahr 891. In der heute schnelllebigen Zeit, in welcher viele Unternehmen auf- und eingehen, ist es ungewöhnlich und erbauend, auf Betriebe mit über 1’100-jähriger Geschichte blicken zu dürfen.

Bereits als Kind liebäugelte klein Gianmarco mit dem Handwerk seines Göttis. Die Arbeiten und das Betriebsklima im Stadtberg gefielen ihm so gut, dass er nach Abschluss der Schule eine Winzerlehre begann. Dieser folgte das Önologie-Studium im welschen Changins und ein Zwischenstopp an der Deutschen Mosel.

Neben seiner Tätigkeit als Betriebsleiter setzt sich Gianmarco als Berufsbildner, Prüfungsexperte und Mitglied in Fachgruppen für den Nachwuchs des Winzerberufes ein. Er jasst und kocht gerne. Seien wir also gespannt, was ein gradliniger und filigraner Stadtbergler uns zu seinem Wein und seiner Passion erzählen wird. Als Praktiker werden die Zünfter vom Stauffacher kaum nur vom Hörensagen wissen wollen!